Jungvögel sind nicht immer hilflos

Junges Rotkehlchen (Foto: Ludwichowski/NABU)
Junges Rotkehlchen (Foto: Ludwichowski/NABU)

In jedem Jahr zur Brutsaison häufen sich beim NABU, bei Tierärzten und Tierheimen die Anrufe besorgter Tierfreunde, die einen Jung- vogel gefunden und mitgenommen haben in der Annahme, er sei verlassen.

Dies trifft jedoch längst nicht in allen Fällen zu. Meistens stehen die Jungen durch Bettelrufe mit ihren Eltern in Verbindung und werden von ihnen auch außerhalb des Nestes weiterhin gefüttert. Man sollte deshalb zuerst aus angemessener Entfernung und von den Altvögeln unbemerkt längere Zeit beobachten, ob die Jungen wirklich nicht mehr gefüttert werden.

Junge Blaumeise (Foto: Ludwichowski/NABU)
Junge Blaumeise (Foto: Ludwichowski/NABU)

Im Gegensatz zu anderen jungen Wildtieren, wie Rehen, Hasen oder Kaninchen, können Vögel unbesorgt in die Hand genommen werden. Der menschliche Geruch ist für die Altvögel ohne Bedeutung und wirkt auf sie nicht abschreckend.

Deshalb ist es in den meisten Fällen das Beste, den Jungvogel dort zu lassen, wo er ist! Oft genügt es schon, einen offen auf dem Boden sitzenden Jungvogel zur Sicherheit auf einen höher gelegenen Ast zu setzen - er ruft sich dann häufig bald seine Eltern herbei. Selbst wenn er einige Zeit in menschlicher Obhut war, kann er bis etwa 24 Stunden seit der Aufnahme an den Fundort zurückgebracht werden. Erst danach geben die Altvögel die Suche nach ihren Jungen auf.

Junger Hausrotschwanz            (Foto: Ludwichowski/NABU)
Junger Hausrotschwanz (Foto: Ludwichowski/NABU)

Viele Menschen stellen sich vor, sie könnten einen hilflosen Jungvogel am einfachsten beim Tierarzt, im Tierheim oder bei den Naturschützern abliefern. Der NABU Holzminden unterhält keine Aufzuchtstation; mit seinen ausschließlich ehrenamtlich tätigen Mitgliedern ist er dazu nicht in der Lage.

 

Die Aufzucht von Jungvögeln ist  eine umfangreiche und langwierige Aufgabe zu der man viel Zeit, viel Geduld und einen geeigneten Platz braucht. Leider verenden viele junge Vögel alljährlich nach einem langen Leidensweg, werden „zu Tode gepflegt“, weil Kinder und auch Erwachsene es zwar gut meinen, aber über zu wenige Kenntnisse verfügen.

 

Jungvögel gehören immer in fachkundige Pflegestationen, bitte beachten Sie hierzu unsere Expertenliste!

 

Der Transport der Jungvögel erfolgt am besten in einem Karton mit Luftlöchern, ausgelegt mit einem weichen Handtuch. Da nackte Jungvögel nicht in der Lage sind, ihre Körpertemperatur selbst zu regeln, benötigen sie eine Wärmequelle, z.B. eine mit einem Handtuch umwickelte Wärmflasche oder mit warmem Wasser gefüllte PET-Flasche.

 

Junger Zaunkönig (Foto: NABU Bremen)
Junger Zaunkönig (Foto: NABU Bremen)

Zuerst ist es wichtig herauszufinden, welchen Vogel man aufgenommen hat und womit er sich ernährt, das heißt, womit er von seinen Eltern gefüttert wird. Ein Vogelbestimmungsbuch kann nur bedingt helfen, weil dort meist die Altvögel abgebildet sind, denen das Gefieder eines Jungvogels kaum oder noch wenig gleicht.

Ein sehr gutes Erkennungsmerkmal ist der Schnabel des Vogels. Vögel mit einem feinen, spitzen Schnabel gehören meistens zu der Gruppe, die sich von Insekten ernährt, während Vögel mit kurzem stumpfen Schnabel zu den Körnerfressern gehören, die sich von Sämereien ernähren. Allerdings gibt es bei der Fütterung der Nestlinge zahlreiche Ausnahmen. So füttern zum Beispiel Haussperlinge, obwohl sie Sämereien bevorzugen, ihre Brut vorwiegend mit Insekten. Auch der Buchfink mit seinem typisch dicken Schnabel wird während der Brutzeit zum Insektenjäger.

Die richtige Futterwahl ist also lebenswichtig, hier kann sehr viel falsch gemacht werden.  Sehr junge, noch nackte Jungvögel müssen alle halbe Stunde ihre Futterration erhalten. Etwas ältere, schon befiederte Jungvögel werden stündlich gefüttert. Dabei nehmen Kleinvögel mehr Nahrung am Tag auf, als ihr Körpergewicht ausmacht.

Junger Waldkauz (Foto: NABU)
Junger Waldkauz (Foto: NABU)

Gerade junge Eulen (außer Schleiereulen) verlassen das Nest lange bevor sie fliegen können und sind als sogenannte Ästlinge auch tagsüber unterwegs, werden aber nachts von ihren Eltern versorgt.

Sie sollten nicht einfach mitgenommen, sondern auf einen Baum gesetzt werden, wenn sie sich auf dem Boden befinden.

 

Wer Vögel aufnimmt, sollte wissen, dass sie oft äußerlich von Parasiten, wie Federlingen, Läusen, Flöhen, Zecken und Milben, befallen sind. Keinesfalls darf hier ein Insektenvernichtungsmittel oder ein Spot on-Präparat angewandt werden, sondern nur ein wirksames, aber ungefährliches Vogelspray aus dem Fachgeschäft.

Ausführliche Informationen und praktische Tipps für Vogelfreunde gibt es hier:

www.wildvogelhilfe.org  oder  www.lbv.de/service/naturschutztipps/jungvoegel

 

Bei folgenden Pflegestationen kann man kranke, verletzte oder geschwächte Vögel abgeben, doch sollte man vorher auf jeden Fall mit ihnen Kontakt aufnehmen:

 

Mauerseglerpflege "Mäuerle" Kaierde: Tel: 05187 / 957 155 und 0160 - 174 32 45

 

Niedersächsisches Forstamt Saupark Springe, Tel: 05041 / 5828 und 0160 - 964 72 339

 

Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen, Hohe Warte, Tel.: 05725 / 70 87 30

 

NABU Artenschutzzentrum Leiferde, Hauptstr. 20, Tel.: 05373/6677 und 0172-54 30 410

 

Wie man allgemein für unsere Vögel aktiv werden kann, steht in der NABU-Broschüre „Vögel im Garten - Schützen, helfen und beobachten“, die man im UmWeltladen in Holzminden, Oberbachstraße 47, für 3 € erwerben kann.