Schlangenalarm in Holzminden:

Die Schlingnatter - Reptil des Jahres 2013

von Karsten Dörfer

Schlingnatter (Foto: Karsten Dörfer)
Schlingnatter (Foto: Karsten Dörfer)

Zweimal wurde im Herbst 2013 am östlichen Rand von Holzminden eine Schlingnatter gefunden, an einem Bahndamm und in einem Keller.


Weil große Unsicherheit herrscht, wie mit einem solchen Fund umzugehen ist, stellen wir das "Reptil des Jahres 2013" hier noch einmal vor. Kaum jemand kennt diese harmlose, ungiftige Schlange, deshalb wird sie leicht mit der Kreuzotter verwechselt, die eine ähnliche Rückenzeichnung haben kann.

 

Kreuzottern konnten aber trotz glaubwürdiger Beobachtungen im Landkreis Holzminden seit Jahrzehnten nicht mehr beweiskräftig nachgewiesen werden, im Gegensatz zur dritten im Landkreis heimischen Schlangenart, der ebenfalls ungiftigen Ringelnatter, die besonders im Wesertal gelegentlich gefunden wird.

 

Die Blindschleiche dagegen ist keine Schlange, sondern eine recht häufige beinlose Eidechsenverwandte.

Woran erkenne ich die Schlingnatter?
Die Schlingnatter hat auf dem Rücken zwei bis vier Reihen dunkler Flecke (auf dem Foto direkt hinterm Kopf). Manchmal können die Flecke seitlich miteinander verbunden sein können und dann eine Art Querbänderung bilden (auf dem Foto weiter hinten). Sie formen aber nie ein Zickzackband. Seitlich am Kopf läuft von der Schnauze bis zum Kopfende ein brauner Streifen durch das Auge, der sich hinter dem Kopf fortsetzt.

Kreuzotter (Foto: Hartwig Helmerichs)
Kreuzotter (Foto: Hartwig Helmerichs)

Die Kreuzotter hat meist ein dunkles Zickzackband auf dem Rücken. Die Pupille der Kreuzotter ist bei Licht-einfall senkrecht geschlitzt, bei der Schlingnatter ist sie rund. Die Schuppe über dem Auge springt bei der Kreuz- otter vor wie eine zusammengezogene Augenbraue. So entsteht - vermenschlichend - bei der Kreuzotter ein scheinbar "finsterer" Ausdruck, bei der Schlingnatter ein "freundlicher" oder "harmloser". Die Kreuzotter könnte vielleicht im Hochsolling an Moorrändern noch vorkommen.


Beide Arten sind klein, meist höchstens 70 cm lang, die Schlingnatter dabei von zierlicher Gestalt, die Kreuzotter gedrungener mit einem breiten "Vipernkopf".

Ringelnatter, überfahren (Foto: Bärbel Pott-Dörfer)
Ringelnatter, überfahren (Foto: Bärbel Pott-Dörfer)

Die Ringelnatter ist leicht an ihren beiden hellen, ungefähr halbmondförmigen Nackenflecken zu erkennen. Sie ist die größte der drei Schlangen. Weibchen können mehr als meterlang werden. Die Ringelnatter lebt vor allem am und im Wasser, zieht aber weit über Land und kann auch mal in Steinbrüchen und auf Trockenrasen gefunden werden. Bei Kreuzotter und Ringelnatter gibt es übrigens "Schwärzlinge", die sehr dunkel und deshalb kaum gezeichnet sind.

Die Schlingnatter im Landkreis Holzminden
Die Schlingnatter lebt unauffällig und versteckt. Auch wo sie schon jahrelang vorkommt, wird sie oft nur zufällig entdeckt - kein Wunder, dass sie so unbekannt ist!

Wenn sich Schlingnattern ein Winterversteck suchen, können sie auch mal an ungewöhnlichen Stellen auftauchen, z.B. in Gärten oder Kellern - ebenso wie Ringelnattern.

Unsere "Würgeschlange" benötigt Verstecke, Sonnenplätze und Beute.

Sie frisst besonders gern Eidechsen und Blindschleichen, aber auch Kleinsäuger.

Die Schlange fasst mit ihren scharfen Zähnen zu und umschlingt (Name Schlingnatter!) dann die Beute, die schließlich erstickt und im Ganzen verschlungen wird.

Um schnell genug zupacken zu können und um ihre Beute besser zu verdauen, muss sich die Schlingnatter in der Sonne aufwärmen können. Auch für die Eireifung ist es wichtig, dass sich die Weibchen sonnen: Die Eier entwickeln sich schon im Weibchen und die jungen Schlangen schlüpfen gleich nach der Ablage aus den Eihüllen.

Suchbild: Schlingnatter (Foto: Karsten Dörfer)
Suchbild: Schlingnatter (Foto: Karsten Dörfer)

Bei uns wird sie vor allem an halboffenen Hängen der Weser und in deckungsreichen Randbereichen von Trockenrasen gefunden. Aber auch in Wiesentälern des Sollings wurde sie nachgewiesen. Die meisten Funde wurden im Wesertal gemacht. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass hier die menschliche Siedlungsdichte so hoch ist, dass diese versteckt lebenden Tiere hier leichter entdeckt werden. Aber auch von Natur aus ist das Wesertal gut geeignet für die Schlingnatter, die bei - uns im Norden ihres Verbreitungsgebietes - wärmebegünstigte Örtlichkeiten bevorzugt. Steilhänge und Weserprallhänge mit ihren Rutschungen wie jüngst bei Bodenwerder ließen früher immer wieder halboffene, besonnte Stellen entstehen, die für Schlingnattern und ihre Beute günstige Bedingungen boten.

Noch früher in der Landschaftsgeschichte schuf die Weser auch in ihrer Aue auf Kiesbänken und an Uferabbrüchen ein enges Nebeneinander offener und deckungsreicher Lebensräume. Als lebendige "Erinnerung" an diese Zeiten fanden wir bei Untersuchungen in der Weserniederung Schlingnattern häufiger auf hochwasserbedingten Anspülungen pflanzlichen Materials. Die Oberflächen dieser "Genisthaufen" trocknen schnell aus und bieten dann - ebenso wie angeschwemmtes Treibholz - hervorragende Sonnungsmöglichkeiten. Im Inneren des Haufens gärt darüber hinaus das Material, so dass das Ganze oft auch an bedeckten Tagen erheblich wärmer ist als die Umgebung.

Auch Ringelnattern nutzen dies übrigens: Sie legen im Haufen ihre Eier ab und lassen sie von der "Kompostwärme" ausbrüten.

 

Junge Ringelnatter (Foto: Markus Janz)
Junge Ringelnatter (Foto: Markus Janz)

Wenn Sie eine Schlange finden ...
Bitte nicht fangen, sondern die Naturschutzbehörde, die Naturschutzbeauftragten oder andere Fachleute benachrichtigen. Einheimische Schlangen sind geschützt und dürfen deshalb nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gefangen oder beun- ruhigt werden. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie ein exotisches Tier gefunden haben, versuchen Sie sicher zu stellen, dass es nicht entwischt, aber ohne es zu verletzen. Machen Sie zur Dokumentation gleich ein Foto, es muss keinen Wettbewerb gewinnen!

Kreuzotter (Foto: Markus Janz)
Kreuzotter (Foto: Markus Janz)

Für besseren und gezielten Schutz brauchen wir mehr Wissen

- ein Aufruf!
Die Schlingnatter und unsere "Wasserschlange", die Ringelnatter, sind bei uns sehr selten. Deshalb wird jeder Hinweis dringend gebraucht, um ihre Lebensräume besser schützen zu können! Nehmen Sie auf Ihren Spaziergängen Ihr Kamerahandy oder eine einfache, handliche Digitalkamera mit. Sie werden bald merken, wie viel Spaß es macht, schöne Naturmotive aufzunehmen.

Wenn Sie eine Schlange sehen: Wir wissen noch immer nicht mit absoluter Sicherheit, ob es wirklich keine Kreuzottern mehr im Hochsolling gibt, bitte machen Sie ein Foto!

Übrigens: Kreuzottern beißen nur dann, wenn sie sich wirklich in die Enge getrieben sehen. Trotzdem: Makroaufnahmen, bei denen Sie unmittelbar vor dem Tier sitzen, sollten sie nur dann machen, wenn Sie ganz sicher sein können, dass es keine Kreuzotter ist.
Auch die ungiftigen Schlingnattern können übrigens mal zubeißen.

 

Blindschleiche (Foto: Bärbel Pott-Dörfer)
Blindschleiche (Foto: Bärbel Pott-Dörfer)

Weitere Informationen
Eine gute Bestimmungshilfe gibt es hier (pdf).

 

Auskünfte, Meldungen
Untere Naturschutzbehörde: 05531/707-225 oder -447 oder Autor Karsten Dörfer, Heinade, 05532/4538 [eMail]