Das Weserauenprojekt

von Karsten Dörfer - Ulrich Frischgesell - Stefan Jacob

Die Niederungen großer Flüsse waren einst die artenreichsten und vielfältigsten Lebensräume Mitteleuropas. Flusstäler wurden durch die Dynamik der Hochwässer geprägt, so dass ein Mosaik unterschiedlicher Landschaftselemente entstand. Neben trocken fallenden Sand- und Kiesbänken gab es tiefe Kolke und dauer-feuchte Senken. Stille Nebenarme lagen dicht beim Hauptstrom, Steilhänge und Abbruchkanten wechselten sich mit kühlen Auwäldern ab.

 

Fischotter und Biber gehörten ebenso zu den typischen Tierarten der Flussniederung wie Pirol, Storch oder Sumpfschildkröte, die bis ins 19. Jahrhundert auch das Bild der Oberweser prägten. Stör und Lachs waren Teil der heute unvorstellbar reichhaltigen Fischfauna.

 

Doch der Mensch hat sich schon frühzeitig die Flüsse und Ströme auf die unterschiedlichste Art zunutze gemacht,

  • um sich mit den Fischen und Krebsen Nahrung zu verschaffen,
  • als Verkehrsweg für Flöße, Boote und Schiffe,
  • als Energiequelle für Mühlen, Sägewerke und Turbinen,
  • als Transportmittel, auch für Schmutzfracht,
  • als Produktionshilfsstoffe (z.B. als Kühlwasser),
  • für die Bewässerung von Naturland,
  • zur Erholung.

Wegen dieser Nutzungen und weil sich der Mensch vor Hochwasser schützen wollte, waren seine Eingriffe in die Flussaue erheblich. Bereits im Mittelalter wurden die Auenwälder weitgehend abgeholzt. Dann begann man die Seiten- und Altarme vom Fluss abzuschneiden und zu verfüllen. Das Hauptgerinne wurde begradigt und das Ufer massiv befestigt. Weil sich jetzt ein Fluss bei Hochwasser nicht mehr ausbreiten kann, entstehen oft große Schäden.

Die Idee der Auen-Regeneration

Doch trotz dieser Eingriffe sind an der Oberweser stellenweise noch Reste von auentypischen Standorten zu finden. Deshalb entstand die Idee, die natürliche Vielfalt dieser Flussaue wieder zu vergrößern und dabei mehrere mögliche Ansätze zu untersuchen. Das Bundesamt für Naturschutz führte in Zusammenarbeit mit der Weserprojektgruppe der Universität Paderborn, Fachhochschulabteilung Höxter, von 1991 bis 1995 auf 62 Hektar Gesamtfläche und verteilt auf 198 km Flussstrecke Renaturierungsmaßnahmen auf folgenden Vorhabensgebieten durch:

  • „Flutrinne Lake“ bei Würgassen  (Träger Stadt Beverungen)
  • „Hellegrabenmündung/Mönchewerder“   (Träger: NABU HOL)
  • „Ehemalige Kiesabgrabung Heinsen“ (Träger: NABU HOL)
  • „Flutrinne Kapenberg“ bei Heinsen   (Träger: Landkreis HOL)
  • „Uferteiche Dölme“   (Träger: BUND HOL)
  • „Weserprallhang Heiligenberg“ bei Bodenwerder  (Träger: Landkreis HOL)

Mit der Renaturierung der „Weseraue am Heidbrink“ wurde die Idee der Auenregeneration auch nach Abschluss des Weserauenprojektes durch den NABU Holzminden selbständig fortgeführt.

 

Bisherige Bemühungen, Gewässerlandschaften zu regenerieren, befassten sich eher mit Anpflanzungen, Ufergestaltung, Gestalt des Gewässerlaufes, Beseitigung von Stauanlagen usw., also in der Regel mit dem Flussbett selbst. Die Aue kam oft zu kurz. Dabei wurde in der Vergangenheit bei den Bestrebungen, einen Strom zu „bändigen“, folgerichtig bei den Seitenarmen und Flutrinnen angesetzt.

Bei Regenerationsmaßnahmen in Auen müssen deshalb die Rinnensysteme wiederbelebt werden.

Dann kann der Fluss selbst zum Gestalter der Aue werden -

er übernimmt die eigentliche Arbeit der Regeneration!

Allerdings muss beachtet werden, dass die Oberweser trotz ihrer geringen Bedeutung für die Schifffahrt weiterhin eine Bundeswasserstraße ist und am Ufer oder an Hochwasserschutzanlagen keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen werden dürfen. Außerdem sind die Interessen der Landwirtschaft, des Bodenabbaus und der Verkehrswegeträger zu berücksichtigen.

Weiter zum Weserauenprojekt "Kiesabgrabung Heinsen" oder zum Weserauenprojekt "Hellegrabenmündung/Mönchewerder" oder zum Projekt "Weseraue am Heidbrink"

Einen Überblick über die Maßnahmen erhält man hier:

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Leuchtturmprojekt "Auenland an der Weser"

Im Mai 2008 ist der NABU Holzminden für seine Bemühungen um die Renaturierung der Weseraue im Rahmen der UN-Naturschutzkonferenz vom NABU Bundesverband ausgezeichnet worden. Zur Vorstellung der Leuchtturmprojekte auf nationaler und internationaler Bühne hatte der Bundesverband auch den NABU Holzminden zum NABU-Salon in das Zoologische Forschungsmuseum "Alexander König" in Bonn eingeladen. Dort konnte Ulrich Frischgesell im Beisein der NABU-Holzmindener Marianne Frischgesell, Stefan Jacob und Imke Meyer Details zum Projekt erläutern.

Marianne & Ulrich Frischgesell, NABU-Präsident Olaf Tschimpke, Landesgeschaftsführerin Gabriele Köppe, Stefan Jacob (Foto: Imke Meyer)
Marianne & Ulrich Frischgesell, NABU-Präsident Olaf Tschimpke, Landesgeschaftsführerin Gabriele Köppe, Stefan Jacob (Foto: Imke Meyer)