Nach der Eiszeit: Ein lichter Ur-Wald
Nach dem Rückzug des Festlandeises wurde es sehr schnell wärmer und Bäume besiedelten wieder unsere Heimat. Durch die jungen
Wälder zogen Elche und Rothirsche und Herden von Ur, Wisent und Wildpferd. Zwar waren auch der Wolf und andere Fleischfresser vorhanden, aber sie konnten nur einen Teil der großen Pflanzenfresser
"ernten". So blieben genug von diesen Vegetariern übrig, um das Wachstum junger Bäume durch Verbiss zu bremsen und Lichtungen über Jahre zu stabilisieren. In Auen von Bach und Fluss half der
Biber dabei kräftig mit, in den Waldbeständen arbeiteten Borkenkäfer und andere Insekten ungebremst.
Der wilde Wald jener Jahre war viel offener als ein heutiger Forst oder Urwald, so nimmt man heute an. Waldbäche bildeten
sonnenbeschienene Tümpelkaskaden, in den ungezähmten Auen der Weser und kleinerer Flüsse gab es Wasserlöcher jeder Größe und Tiefe, viele davon ohne Fische: Paradiese für Libellen, Wasserkäfer
und Amphibien.
In dieser Landschaft fühlte sich auch die Gelbbauchunke, Lurch des Jahres 2014, sehr wohl. Hat man solche Verhältnisse vor Augen,
beginnt man zu verstehen, warum dieses von oben so gut getarnte und von unten so prächtig gefärbte Tier heute fast nur noch in Abbaugruben zu finden ist.
Die Zeit der Koexistenz
Über Jahrhunderte begünstigte auch nach dem Aussterben von Wisent, Wildpferd und Auerochse die menschliche Nutzung der Landschaft die Gelbbauchunke durch Beweidung
halboffener Hutewälder und das Anlegen von Weidetümpeln, aber auch von Flachsrotten, in denen die wertvollen Fasern des Lein von anhaftendem Pflanzengewebe befreit wurden: Letzteres verrottete im
Wasser. Auch der Laubfrosch, die Geburtshelferkröte und andere spezialisierte Amphibien profitierten von dieser Vielzahl an Kleingewässern, ebenso viele
Libellen und seltene Wasser-insekten.
Heute: Niedergang und letzte Lebensräume
Inzwischen haben unsere Wälder und Gewässer aber einen völlig anderen Charakter angenommen. Viehweiden verschwinden, ehemalige Viehtränken werden verfüllt, in
Teichen werden Goldfische ausgesetzt, alte Gewässer verlanden.
Bäche sind begradigt, Auentümpel zugeschüttet, die natürliche Gewässerdynamik von Bächen und Flüssen, die Tümpel immer wieder neu entstehen ließ, wird nicht mehr
geduldet.
Abbauunternehmen können wir dankbar sein: Fast nur Steinbrüche und Lehmgruben bieten noch flache, vegetationsfreie Gewässer, die den verloren gegangenen
ursprünglichen, natürlichen Lebensräumen gleichen. Sie erwärmen sich stark in der Sonne und ermöglichen so den Larven, schnell zu wachsen. So gewinnen diese dort oft den Wettlauf mit dem
Austrocknen des Gewässers.
Wenn das mal in einem Jahr nicht klappt, dann ist dies für die Art viel weniger schädlich als ein ausdauerndes Gewässer mit vielen Konkurrenten und Fressfeinden.
Natürlich müssen in der Umgebung auch Gebüsche, Wald und andere Verstecke für die erwachsenen Tiere vorhanden sein. Auch erwachsene Unken sind häufig im Wasser zu finden. Sie mögen für sich aber
lieber etwas mehr Krautwuchs und Deckung als für ihren Nachwuchs.
In Niedersachsen gibt es wenige Gelbbauchunken nur noch in den Landkreisen Schaumburg, Hildesheim, Göttingen und Holzminden.
Vom Aussterben bedroht - wir können etwas tun
Die Gelbbauchunke steht deshalb ganz oben auf der Roten Liste: Die Einstufung 1 in Niedersachsen bedeutet, dass sie hier unmittelbar vom Aussterben bedroht
ist.
Aber auch in ganz Europa ist diese Art gefährdet und deshalb in der EU streng geschützt. Im Landkreis Holzminden bemühen sich Landesforsten, Naturschutzverbände und
Naturschutzbehörden intensiv um die Erhaltung und Verbesserung der letzten Bestände.
Helfen wir der Gelbbauchunke, dann helfen wir auch anderen
Wir alle können mit helfen, geeignete Gewässer zu finden und zu verbessern oder neue anzulegen - und niemals Fische aus dem Gartenteich oder Aquarium in Teichen
oder Tümpeln der freien Landschaft auszusetzen. Denn solche Aktionen rotten viele empfindliche, seltene Arten aus.
Fragen sollten wir uns auch, ob wir im Gartenteich selbst unbedingt Fische haben müssen. Wenn nicht, werden sich sehr schnell verschiedene Molcharten, die Erdkröte,
der Grasfrosch und empfindliche Libellenarten dort ansiedeln. Das erhöht den natürlichen Wert des Teiches um ein Vielfaches. Gute Tipps für einen ganz unüblichen Typ von Gartenteich finden Sie im
NABU-Leitfaden "Pflanzengesellschaften von Flachwassergartenteichen", erhältlich im NABU-Umweltladen in der Oberbachstraße 47 in Holzminden.
Tausend Tümpel für den Landkreis Holzminden
Wenn Sie in Ihrem Umfeld Ideen haben, Tümpel oder Teiche anzulegen, wieder herzustellen oder zu verbessern, wenden Sie sich bitte an die
Kreisnaturschutzbeauftragten. Wir sind für jede Idee dankbar, und werden mit Ihnen die Realisierungsmöglichkeiten prüfen. Und melden Sie bitte jede Beobachtung!
Das Wichtigste in Kürze: