Täglicher Anzeiger Holzminden (TAH) vom 8. März 2016:

Ein scheuer Gast in unseren Wäldern

Gut besuchter NABU-Vortrag zum Schwarzstorch / Jahreshauptversammlung mit Ehrungen

Foto: Jürgen Bommer
Schwarzstorchexperte Arne Torkler referierte auf Einladung des NABU Holzminden im Hotel „Kiekenstein“ in Stahle

Stahle (jbo). Wie schon in den vergangenen Jahren hatte der NABU Holzminden auch in diesem Jahr seiner Jahreshauptversammlung wieder einen hochinteressanten naturkundlichen Vortrag voran gestellt. Wenige Wochen vor dem Eintreffen der ersten Schwarzstörche im Landkreis berichtete Arne Torkler, Gutachter und ehrenamtlicher Schwarzstorchbetreuer der Vogelschutzwarte Hannover, ausführlich über den scheuen Waldbewohner. „Der Schwarzstorch in Niedersachsen und im Landkreis Holzminden“ lautete das Thema seines Vortrages, zu dem  80 Naturfreunde aller Altersklassen den Weg in das Hotel „Kiekenstein“ nach Stahle gefunden hatten.

 

Nach einem ausführlichen Portrait des Schwarzstorches (Ciconia nigra) und der Geschichte seiner Wiederansiedlung im Norden Deutschlands, ging Arne Torkler detailliert auf die aktuelle Situation des imposanten Zugvogels ein. Torkler berichtete dabei von einer stagnierenden, sogar leicht rückläufigen Bestandsentwicklung in Norddeutschland. Diese Entwicklung habe unterschiedliche Gründe, so der Schwarzstorchexperte. Die Indikationsart für wertvolle Wälder findet immer weniger Arttypische Lebensräume. Große Mischwälder mit hohem Altholzbestand und naturnahe Bachläufe bieten beste Bedingungen für den Storch, sind in Norddeutschland aber mittlerweile selten geworden. Dazu kommt eine extrem große Empfindlichkeit gegenüber Störungen während der Brutperiode. Zahlreiche junge Störche verhungern, weil Elterntiere auf Grund permanenter Störungen am Horst die Brut verlassen.

Foto: Jürgen Bommer
Foto: Jürgen Bommer

„Dabei funktioniert die Zusammenarbeit mit den Landesforsten zum Schutz der bebrüteten Horste ausgesprochen gut“ so Torkler. Besucherlenkung und Wegerückbau seien oft sehr hilfreich. In Privatwäldern sei hingegen leider oft das Gegenteil der Fall.

„Außerdem waren Nistplätze früher Staatsgeheimnisse, höchstens zehn Personen kannten sie. Heute werden sie im Internet gepostet, dass muss sich wieder ändern“ so die Forderung des Experten.

 

In dem Zusammenhang ging Arne Torkler auch auf die Probleme mit der Windenergie ein. So gebe es in Westfalen und Hessen bereits Planungen, Windparks in Wäldern zu errichten. Das würde zu großen Problemen führen. Bei Hochnebel sind die Rotorblätter für den Storch nicht zu erkennen, das führt unweigerlich zu höheren Schlagopferzahlen. Darüber hinaus ist der Schwarzstorch die Großvogelart mit dem größten Raumbedarf und einem sehr komplizierten Verhaltensmuster. „Nur wenige Gutachter sind in der Lage diese richtig einzuschätzen“ so Torkeler. Nicht nur, dass sie bei ihren Kartierungen oft Bruten stören, sie seien oft nicht einmal in der Lage die Brutfähigkeit und den Mauserzyklus der Tiere zu erkennen. Torkler forderte in dem Zusammenhang eine bessere Qualifikation der Kartierer um dadurch zu aussagekräftigeren Raumnutzungsanalysen zu kommen. Für die zehn im Landkreis Holzminden brütenden  Paare sei im Moment jedoch erfreulicherweise alles im grünen Bereich, so Torkler.

NABU Vorstandsmitglied Dr. Helmut Roth konnte Wolfgang Riesenberg und das Ehepaar Susanne und Walter Müller (von rechts) für ihr jahrzehntelanges Engagement auszeichnen.  (Foto: Jürgen Bommer)
NABU Vorstandsmitglied Dr. Helmut Roth konnte Wolfgang Riesenberg und das Ehepaar Susanne und Walter Müller (von rechts) für ihr jahrzehntelanges Engagement auszeichnen. (Foto: Jürgen Bommer)

Im Anschluss an den Vortrag fand die Jahreshauptversammlung des NABU Holzminden unter der Leitung der Vorstandssprecherin Tanja Frischgesell statt. Frischgesell konnte den Anwesenden von einem ereignisreichen und erfolgreichen Jahr berichten und gab einen Ausblick auf zukünftige Projekte. Am Rande der Versammlung konnte Vorstandsmitglied Dr. Helmut Roth das Ehepaar Susanne und Walter Müller, sowie Wolfgang Riesenberg mit der Ehrennadel des NABU für 30 Jahre Engagement für den Naturschutz auszeichnen. Lilith von Beöczy und Klaus Scholz waren nicht persönlich anwesend und werden die Ehrennadel später erhalten.


Der Schwarzstorch in Niedersachsen und im

Landkreis Holzminden

Der NABU lädt zum Vortrag und zur Jahreshauptversammlung ein

Ein Schwarzstorch beim Fischfang (Foto: Heiko Niehaus)
Ein Schwarzstorch beim Fischfang (Foto: Heiko Niehaus)

Der Schwarzstorch ist der einzige europäische Verwandte des Weißstorchs. Er hat schwarzes Gefieder, das bei Altvögeln je nach Lichteinfall einen metallischen grünlich-violetten oder kupferfarbenen Glanz hat, und eine weiß gefärbte Unterseite. Im Gegensatz zum Weißstorch brütet er verborgen in reich strukturierten Laub- und Mischwäldern. Schwarzstörche brauchen große, ruhige Waldbestände, in denen sie ausreichend alte Bäume mit freistehenden, starken Ästen finden, die das Nest tragen können. Ihre Nahrung – überwiegend Fische und Amphibien – suchen sie in naturnahen Bächen und Teichen, die Flachwasserbereiche aufweisen, in Mooren und auf Feuchtwiesen. Auf Störungen reagieren die Vögel ausgesprochen empfindlich. Zwar lassen sich Schwarzstörche bei der Nahrungssuche auch in der Nähe von, manchmal sogar in Ortschaften beobachten, bevorzugen allerdings deckungsreiche Strukturen. Menschliche Aktivität in der Nähe des Horstes kann zur Aufgabe der Brut führen.

In Niedersachsen gibt es etwa 60 Brutpaare, einige davon auch im Landkreis Holzminden. Der Ornithologe Arne Torkler ist ehrenamtlicher Schwarzstorchbetreuer der Staatlichen Vogelschutzwarte Hannover. Er kontrolliert bekannte Schwarzstorchreviere und kümmert sich auch um die Anlage künstlicher Horstplattformen in geeigneten Lebensräumen, zum Beispiel im Homburgwald bei Stadtoldendorf.


Darüberhinaus ist er als Gutachter tätig, denn Schwarzstörche sind auch durch den Ausbau der Windkraft und durch Kollision mit Freileitungen gefährdet.

 

Der NABU Holzminden lädt Mitglieder und Interessierte am 19. Februar um 19.30 Uhr ins Hotel „Kiekenstein“ in Stahle zu Arne Torklers Vortrag „Der Schwarzstorch in Niedersachsen und im Landkreis Holzminden - Schutzgedanken und Konfliktsituationen um den schillernden Waldbewohner“ ein. Der Eintritt ist frei, Spenden sind natürlich immer willkommen.


Im Anschluss findet die Jahreshauptversammlung statt, die ebenfalls allen Interessierten offensteht.